Karl Ludwig von Knebel Gedichte Er ist einer der bekanntesten Unbekannten der Weimarer Klassik. Sein Name taucht als Empfänger bedeutender Briefe in Fußnoten literaturwissenschaftlicher Untersuchungen auf, er steht in jeder Biographie über Goethe und Herder, in Büchern über den Musenhof, über Anna Amalia und Herzog Carl August. Karl Ludwig von Knebel stand in Kontakt mit nahezu allen bedeutenden Akteuren der deutschsprachigen Literaturlandschaft des ausgehenden 18. Jahrhunderts und hatte seine 'fünfzehn Minuten', als er das Treffen Goethes mit dem Weimarer Regenten arrangierte. Und so wird er in der Literaturgeschichte auch geführt: als Freund von..., als mitwirkend an..., als vermittelnd zwischen… Aus historischen Darstellungen zusammengesetzt präsentiert sich Knebels Biographie als Aneinanderreihung funktionaler Bezüge zu den Autoren der Goethezeit. Als eigenständige künstlerische Leistungen Knebels werden seine Übersetzungen aus der römischen Antike bewertet, allen voran die des lucretischen Lehrgedichts De Rerum Natura. Dass er auch selbst Autor war, ist in Vergessenheit geraten. Zwar wurden – kurz nach Goethes Tod, als jede Publikation aus dem Umkreis des Weimarer Dichterfürsten gute Verkaufsaussichten versprach – einige Briefe, Gedichte und Aufsätze Knebels in drei Bänden posthum veröffentlicht, aber unmittelbar danach wurde es still. Eine Rezeptionsgeschichte gibt es nicht. Knebel lebt und arbeitet zur gleichen Zeit und am selben Ort wie Wieland, Goethe, Herder, Schiller – nicht ganz einfach, sich da als Autor einen Namen zu machen. Er gehört zum Mittelbau der Weimarer Klassik, hat den anderen zugearbeitet, ohne dafür Lorbeeren zu ernten. Die Literaturgeschichte orientiert sich an Erfolgen – daran, ob Autoren Popularität erlangen, ob ihre Bücher gekauft und gelesen wurden, ob ihre Texte eine Wirkung entfaltet haben. Das alles trifft auf Knebel nicht zu. Seine Aufsätze und Gedichte erscheinen, wenn überhaupt, einzeln, verstreut und zumeist anonym in Zeitschriften und Anthologien. Nicht einmal die von ihm 1815 herausgegebene Sammlung kleiner Gedichte trägt seinen Namen. Und Knebel hält sich beharrlich an antike Formen: seine reimlosen Hexameter-Gedichte genügen den höchsten Ansprüchen der Weimarer Klassik – als er sich aber endlich zur Veröffentlichung seiner Sammlung entschließt, sind sie längst aus der Mode. Die nun vorliegende Ausgabe hat sich zum Ziel gesetzt, Leserinnen und Lesern eine Möglichkeit zu bieten, hinter dem Übersetzer und Weimarischen Urfreund den Autor Karl Ludwig von Knebel zu entdecken, anhand der Gedichte seine schriftstellerische Entwicklung nachzuzeichnen und ihm auf seinem Weg durch den Gedankenpalast der Weimarer Klassik zu folgen. INHALT
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